Pflanzenporträts

Persischer Ehrenpreis (Veronica persica)
Persischer Ehrenpreis (Veronica persica)

Veronica – der Lenz ist da!

 

… sangen die Comedian Harmonists, und man könnte meinen, ein schönes Mädchen hätte der Pflanzengattung Veronica ihren Namen gegeben. Das ist nicht so: Ehrenpreis, so die deutsche Bezeichnung, verdankt den Namen einer im Mittelalter geschätzten Heilpflanze – dem Wald-Ehrenpreis (Veronica officinalis). Zitat: „Ihm sei Ehr und Preis als vera unica medicina – das einzig wahre Heilmittel.“ In der Naturheilkunde wird es noch heute als Allerweltsheil zur äußeren und inneren Anwendung verwendet.
Die Gattung Ehrenpreis umfasst zwischen 180 und 450 Arten weltweit (da sind sich auch die Expertinnen uneinig) und gehört zu der großen und vielgestaltigen Familie der Wegerichgewächse. Bei uns in OWL kommen ca. 20 Ehrenpreis-Arten vor. Zwei häufige aus Garten, Feld, Wald und Wiesen werden hier vorgestellt.

 

Der Persische Ehrenpreis (Veronica persica) braucht nicht auf den Lenz zu warten, er blüht fast ganzjährig. Auch in diesem milden Winter zeigte er schon zur Weihnachtszeit seine himmelblauen Blüten im kahlen Beet. Wenn sich der emsige Gartenfreund bückt, sieht er, wie die halb niederliegende Pflanze sich mit vielen Trieben auf der Erde ausbreitet. Fast runde, gesägte Blätter stehen sich unten gegenüber, weiter oben wachsen aus den Blattachseln die gestielten Blüten in lockeren Trauben. Vier Blütenblätter, drei himmelblau mit dunkelblauen Streifen, das untere weißlich, sind miteinander verwachsen und treffen sich in einem gelblichen Schlund. Am Ende der Blütezeit bilden sich, ein Kennzeichen aller Veronica-Arten, herzförmige Fruchtkapseln. Der Persische Ehrenpreis ist einjährig und braucht deshalb fleißige Gärtner, damit er sich auf gelockertem Gartenboden immer wieder neu aussäen kann. Viele Insekten besuchen diese frühblühende schöne Pflanze und hätten sicher etwas dagegen, wenn man sie als Unkraut ausrisse. Wie sein Name vermuten lässt, ist der Persische Ehrenpreis tatsächlich ein „Neubürger“: Ursprünglich in Südwestasien beheimatet und aus dem Kaukasus eingeführt, dann wohl um 1805 aus dem botanischen Garten Karlsruhe ausgebüxt, hat er sich in Deutschland bestens integriert und ist inzwischen eine unserer häufigsten Ehrenpreis-Arten – eine erstaunliche Erfolgsgeschichte.

 

Vielleicht noch auffälliger ist der von April bis Juni blühende Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys). Es handelt sich um eine Staude, die oft an sonnigen Rainen und Waldrändern anzutreffen ist. 10 bis 30 himmelblaue, dunkler geaderte Blüten wachsen in meist zwei oder vier lockeren Trauben an langen Stielen aus den Achseln der mittleren Blätter, wobei sowohl die Blütentrauben als auch jeweils zwei Blätter einander paarweise gegenüberstehen – die Botanikerinnen nennen das gegenständig. Ganz oben trägt der Stängel einen reinen „Blattschopf“ ohne Blüten. Zwei weiße Pollenbehälter sehen in dem Blütengesicht wie ein Moustache aus. Auch blütenlos ist der Gamander-Ehrenpreis zu bestimmen, sogar im Winter: An den Stängeln sind zwei Reihen weißlicher Härchen zu erkennen.

Die Pflanze ist auch unter dem Namen „Männertreu“ bekannt. Nicht wegen der treuherzigen blauen Augen, sondern weil oft schon bei der geringsten Erschütterung die Blütenblätter abfallen. Der Botaniker bezeichnet das als hinfällig. Dabei sieht man dann, dass die Blütenblätter tatsächlich miteinander verwachsen sind: Sie lösen sich nie einzeln ab wie z. B. bei einer Rose oder Tulpe, sondern immer in ihrer Gesamtheit. Denselben Blütenbau findet man übrigens bei allen Ehrenpreis-Arten, wie auch die herzförmigen Früchtchen – wer also irgendeine einmal bewusst hat blühen sehen, wird auch alle anderen sofort als Ehrenpreis ansprechen können.